Blog aus Rostock

El maximó, Guido!

Ich sollte mir abgewöhnen, Spiegel Online zu lesen. Das ist nicht gut für mein lymbisches System. Von "Hartz IV-Forschern" ist da die Rede, vermeintlichen Experten, die nun mit wissenschaftlicher Neutralität dem in die Ecke gedrängten Guido Westerwelle beispringen.

Klar ist, man darf unsere Vizekanzler nicht unterschätzen. Auch wenn der ganze übrige Sauhaufen der Bundes-FDP etwa einen halben Fips Asmussen auf der nach oben offenen Richterskala für Medienkompetenz aufweist: Guido selbst weiss, wie man einen Diskurs anschürt, Ressentiments aus der Reserve lockt. Ekelig ist das.

Nun gut, Spiegel Online zitiert also "Hartz IV-Forscher" vom Kieler Instituts für Weltwirtschaft, einer arbeitgebernahen Einrichtung. Für diese sind die Regelsätze natürlich zu hoch, mache es Arbeitslosen geradezu schmackhaft, sich in der sozialen Hängematte auszuruhen, ersticke jeden Anreiz zur Arbeit. Als jemand, der selber mal einige Monate von diesem Geld leben musste, wundere ich mich doch sehr über diese Erkenntnis. Faktisch war mein gesellschaftliches Leben zu dieser Zeit erstickt - und das, obwohl ich Nichtraucher bin und mir zu dieser Zeit auch nicht Unmengen an Schnapps und Bier gekauft habe. Whatever.

Es gibt ja zum Glück extremere Beispiele. Irgendein "streng riechender" junger Mann mit Piercings wird erwähnt, der auf Arbeit mal gar keine Lust hat. Eine gestresste Fallmanagerin, die über die ganzen widerlichen Elemente klagt, mit denen sie sich rumzuschlagen hat. Und natürlich die berühmte Ostdeutsche Frisöse, die trotz harter und ehrlicher Arbeit kaum mehr zum Leben hat, als die Faulpelze der Nation.

Neidgesellschaft mal von unten. Und wer weiß, vielleicht stimmt es ja sogar. Vielleicht sind die Löhne in den unteren Dienstleistungssektoren (also denen des Schröder'schen Jobwunder) in der Tat mittlerweile so bescheiden niedrig, dass Hartz IV wieder einen Anreiz bekommt. Wer kann es Menschen schon verübeln, dass sie nicht für vier oder fünf Euro ihre Lebenszeit verschwenden wollen? Und mal ganz ehrlich: An unterbezahlten Servicekräften, die salop gesagt den Bonzen und dem Mittelstand den Arsch nachtragen, hängt die vielbeschworene und vor Nationalismus nur so dünkelende, deutsche Wirtschaft in der Globalisierung auch nicht ab. Ob in der Uckermarck eine Familie ihr Kind nicht aufwachsen sieht, weil Mutti für einen Sklaventreiber von Chef Haare im 24-Stunden "Express your Style"-Frisör schneiden muss, juckt die Konkurrenz in China auch nur periphär.

Entschuldigt diese Polemik. Aber diese ganze leidige Debatte ist doch so voller Polemik, Sozialneid, Missgunst und Verallgemeinerungen. Da möchte man doch wirklich mal wieder die rote Fahne aus der Mottenkiste holen und Herrn Westerwelle kräftig den Hintern versohlen. Dummerweise ist es genau diese Reaktion, die provoziert wird. Und deshalb sollte man, realpolitisch, besonnener damit umgehen.

Ohne den Sozialabbau lassen sich die großzügigen Steuergeschenke nicht finanzieren. Er ist innerhalb einer liberalen Verteilungslogik zwingend. Diesen gilt es, geistig-moralisch vorzubereiten. Die Menschen müssen am Ende glauben, dass endlich mal jemand den Mut hat, offen auszusprechen, dass das bisschen, was ihnen noch zum Leben bleibt, auch keine Selbstverständlichkeit ist.

Offen bleibt, ob das Kalkül am Ende aufgeht. Und nein, damit meine ich nicht Wahlen. Der historische Auftrag der FDP erschöpft sich bereits darin, die nächsten zwei bis drei Jahre zu nutzen, möglichst viel Geld von unten nach oben umzuverteilen. So wie in diesem einen Computerspiel, wo man als Karibik-Diktator früher oder später von seinem Volk aus den Palast gejagt wird, aber in der Zwischenzeit möglichst viel Geld auf sein Schweizer Nummernkonto überweisen muss.

El maximó, Guido!

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