Deutungsdümpel um Verfassungsschutzbericht
Vor einigen Tagen wurde der Bericht des Verfassungsschutzes für 2009 veröffentlicht. Der Leser erfährt nicht viel neues, interessant ist aber, wie er ausgelegt wird. Ein Kommentar.
Auf linken Webseiten nimmt man es sportlich. Immerhin sei die Szene angeblich um 50 Autonome auf nunmehr stolze 300 Personen angewachsen. Dies wiederrum nehmen rechte Seiten als Anlass, sich ein weiteres Mal als einsamer Rufer in der Wüste zu präsentieren, um auf ein diffuses Bedrohungspotential durch Linke hinzuweisen und das die Justiz ja auf dem linken Auge blind sei.
Rechte Szene stagniert
Die extremistisch rechte Szene schätzt der Verfassungsschutz auf 1.370 Mitglieder ein, davon alleine 910 gewaltbereite Skinheads und Neonazis. Versuche allerdings, die rechte Szene in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt stärker zu bündeln, seien bislang nur bedingt erfolgreich. Speziell die NPD arbeitet aber intensiv auf die Landtagswahl 2011 hin.
MVRegio und die Informanten
Interessant ist auch die Berichterstattung des der regionale Nachrichtendienst "MVRegio". Mit Hinweis auf einen "Informanten" aus Polizeikreisen schreibt man, die linksextreme Szene wäre in Wahrheit wesentlich größer und auf Augenhöhe mit den Nazis. Zudem würden sich gewaltbereite Linke auch in Organisationen wie bspw. den Jusos wiederfinden oder bewusst in zivilbürgerlichen Projekten wie "Bunt statt Braun" mitmischen.
Ob diese Angaben stimmen, darf durchaus bezweifelt werden. Natürlich kann nicht wiederlegt werden, dass es tatsächlich einen "Informanten" gibt, der aus Gründen des Quellenschutzes selbstverständlich nicht weiter genannt werden muss. Allerdings, wir erinnern uns, tauchten vor kurzem auf MVRegio auch Informanten aus Chicago auf, die von einer systematischen Instrumentalisierung linker Webseiten durch die amerikanische Sicherheitsbehörde NSA sprach. Der Artikel wurde wenige Tage nach seiner Veröffentlichung wieder von der MVRegio-Seite entfernt.
Diffuse Vermischung
Interessant in beiden Fällen ist, dass nicht näher genannte Informanten dazu dienen, ein sehr heterogenes "linkes" Feld mit "Linksextremismus" in Verbindung zu bringen. Dass hierfür ein vergleichsweise unspektakulärer Verfassungsschutzbericht zum Anlass genommen wird, spricht seine eigene Sprache.